Sprachpanscher in der IGM-Zeitschrift Nr. 3/2015: „Mit „Great Moments“ startet der ORF am 16. Oktober eine neue „Show“, die 60 Jahre österreichische Fernsehgeschichte behandelt. Warum betitelt man die Sendereihe nicht mit „große Momente“ oder „Sternstunden des ORF“? Einerseits wird eine Jubelserie von rot-weiß-roten Programmglanzlichtern präsentiert, andererseits wird dieser sinnvolle Österreich-Schwerpunkt mit einem Anglizismus beworben. Stolze Nationen, wie die Franzosen, würden so nicht agieren!“
In der IGM-Zeitschrift Nr. 3/2015 kürten wir ja den ORF einmal mehr zum „Sprachpanscher des Monats“. Unser Beirat Dr. Jürgen Siegert verfasste daraufhin auch eine Leserbeschwerde beim ORF mit folgendem Inhalt:
Es ist großartig, dass Sie sich dem Thema 60 Jahre Fernsehen in Österreich widmen. Aber was hat Sie veranlasst, eine Sendung in Österreich und über Österreich „Great Moments“ zu nennen? Wäre es nicht angebracht gewesen, die deutschen Worte „Große Momente“ zu verwenden? Sollten nicht gerade bei derartigen Sendungen unnötige Anglizismen vermieden werden? Viele, sehr viele Ihrer Zuschauer würden es begrüßen, wenn Sie diesbezüglich etwas „bremsen“ könnten. Ich hoffe auf und danke im Voraus für Ihr Verständnis.
Die Antwort des ORF ließ erfreulicherweise nicht lange auf sich warten – inhaltlich war die Antwort freilich weniger erfreulich:
Sehr geehrter Herr Siegert,
danke für Ihr E-Mail und Ihr Interesse an unserem Programm.
Ihre Anmerkungen habe ich der zuständigen Abteilung selbstverständlich zur Kenntnis gebracht. Der ORF ist sich seiner großen Verantwortung auf dem Gebiet der Volksbildung vor allem auch in Hinblick auf die Pflege der deutschen Sprache bewusst. Als Medium, das sich wesentlich des Wortes bedient, sehen wir Identitätsstiftung auch darin, den hohen Standard der deutschen Sprache bewahren zu helfen.
Doch ist der ORF als großes Medium auch Spiegelbild der Gesellschaft, die in den vergangenen Jahren vermehrt Begriffe aus der englischen Sprache übernommen hat. Der ORF kann sich von dieser Entwicklung nicht abkoppeln, geht aber mit dieser Thematik bewusst und sensibel um. Er hat sich, auf hohem Niveau, der Sprache seines Publikums zu bedienen.
Mit freundlichen Grüßen
Gabriele Fernbach
Generaldirektion | Marketing und Kommunikation - ORF-Kundendienst
Die Antwort ist wohl idealtypisch für das Selbstverständnis des ORF. Man bekennt sich zur identitätsstiftenden Komponente der deutschen Sprache, aber man will sich auch „der Sprache des Publikums“ bedienen – und meint damit Anglizismen und englische Ausdrücke. Wie herrlich doppelbödig!
Gerade deshalb, wäre es umso wichtiger, sich über Anglizismen im ORF immer wieder aufzuregen und mit Hörer- und Seherbeschwerden zu reagieren. Denn auch „Muttersprachler“ sind das Publikum des ORF!
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